Vor einigen Jahren habe ich ein Zeiss Dekaris 10x50 aus Kriegsfertigung 1943-45 gekauft (zwanzigtausender Seriennummer, neuer Nummernkreis). Ich wollte mir das Fernglas genau ansehen und ausprobieren. Bei Demontage und Reinigung fiel die Belederung der Objektivtuben auf. Ursache waren Löcher eines Granatsplitters, durch beide Tuben. Eine mittig gerissene Auglinse hatte noch fast normale Durchsicht. Weil die nicht auf Revision ausgelegten Okular-deckel (ohne Eingriffsstelle für Werkzeug) sich nicht gewaltlos öffnen ließen, habe ich das Fernglas mit leicht verschmutzten Okularen wieder zusammen gebaut. Das Glas lieferte so ein gutes, aber doch etwas getrübtes Bild.
Nach Lektüre von Dr. Seegers Buch, Zeiss Handferngläser 1919 – 1946 und Erwerb von anderen Vor- und Nachkriegs Dekarem wurde deutlich, dass sich die Ferngläser im optischen Eindruck etwas unterscheiden. Zum einen hat das mit der neuen Auslegung nach 1946 zu tun (kissenförmige Verzeichnung für ein angenehmeres Schwenkverhalten), zum Anderen mit einer geänderten optischen Auslegung und Vereinfachung der Fertigung.
Nun habe ich ein zweites Dekaris, Kriegsfertigung über Ebay aus England erworben großteils original mit Rauhlack. Was fehlt war der linke Okulardeckel mit Seriennummer. Das Fernglas war verpecht d.h. mit dauerklebriger schwarz-er Masse gedichtet (wohl wenig gesunde Weichmacher). Auch hier ist eine Okularlinse gerissen, diesmal im mittleren Achromat. Die Okulardeckel lassen sich nach längerem Erhitzen doch öffnen. Die Verschraubung ist offenbar mit Curil (Dichtmittel) verklebt. Nicht ohne Verwunderung fand ich dort gleiche Linsen wie im 80er Jahre Dekarem. Auch die Auslegung der Optik mit kissen-förmiger Verzeichnung ist nahe an der des Nachkriegs-Dekarem. Die Okular-Feldlinse ist kein Achromat mehr (Vorkrieg: Achromat). Der Achromat der Mittellinse ist beidseitig konvex (Vorkrieg: konvex, konkav). Auch das 'blc' Objektiv hat eine deutlich andere Auslegung als die Vorkriegsversion und entspricht etwa dem 80er Jahre Dekarem.
Das Gehäuse ist sehr leicht, wohl in einer Art Spritzgussform gefertigt. Die Prismensitze scheinen weder gefräst noch nachbehandelt zu sein. Das Gehäuse ist innen einschl. Prismensitzen geschwärzt. An den Prismen-Seiten sind je 2 Einkerbungen vorhanden in die im Gehäuse eingeschlagene Fixier-Nocken greifen. Auch die Befestigungsschrauben der Prismendeckel entsprech-en den Feingewinden der Nachkriegsfertigung. Bei der Großserie von über 40.000 Dekaris 1943 – 1945 (blc und rln) handelte es sich offenbar schon um eine vereinfachte Neukonstruktion, die in wichtigen Teilen dann später über-nommen wurde.
Überholtes Dekaris blc.
Prismen-Deckel rechts und Augenmuscheln nicht original.
Ich habe die Achromate neu verkittet und den gerissenen mit einem aus dem zuvor erworbenen Dekaris ersetzt. Achromate im ersten Dekaris waren im Gegensatz zum Zweiten nicht geschwärzt. Feine Kratzer der Auglinsen wurden auspoliert. Es war nur noch eine Augenmuschel mit 10 mm Höhe vorhanden (großer Aug-Abstand und beschnittenes Bild). Stattdessen wurden provisorische Augenmuscheln mit 6,5 mm Höhe montiert. Nach Zusammenbau stimmte die Kollimation auf Anhieb (neutrale Justierringe). Für unvergütete Optik ist die Performance des Fernglases wirklich gut und es ist auch recht leicht (unter 900 Gramm).
Eine beachtliche Leistung der Firma Carl Zeiss Jena das vorhandene Dekaris um 1942 so zu vereinfachen, dass diese Optik danach 50 Jahre weiter gebaut, und noch ein Großauftrag von über 40.000 Gläsern in gleichbleibend hoher Qualität hergestellt werden konnte.
Fast baugleiche Okulare:
links Dekaris 1980er Jahre, rechts 'blc' Dekaris 1943 – 45.
Schnitt durch ein Dekaris Vorkriegs-Okular.
Im neu konstruierten 'blc' Okular ab 1943 ist die Mittellinse nicht mehr konkav / konvex, sondern bikonvex. Die Feldlinse ist kein Achromat mehr sondern eine dünnere Einzellinse.