A: Huet Notorix 8x30, B: Ross Bino Prism 7x50, C: SRPI Starlight 8x40
Porro II Ferngläser wurden seit Anfang des 20. Jh. hergestellt. Heute wird die Konstruktionsform fast nur noch für Bildstabilisierte Ferngläser verwendet. Dabei kann der Vorteil kompakterer Bauweise gegenüber Porro I Ferngläsern ausgenutzt werden. Die Blütezeit der Porro II Gläser lag in den 30er und 40er Jahren als die Helligkeits-Vorteile verkitteter Prismen in unvergüteten Ferngläsern von hoher Bedeutung für militärische Nutzungen waren. Mit Verbreitung reflexmindernder Beschichtungen ab den 40er Jahre verlor die kompliziertere Porro II Bauweise an Bedeutung (Geschichte: Seeger, Hans T.: Zeiss Handferngläser 1919-1946, 2015. Seite 351 ff.).
Prisma Huet Notorix 8x30
1. Prisma in Käfig montiert (Ablösungserscheinungen an Prisma-Kittflächen)
2. Porro II Prisma 3-teilig zerlegt
3. Prismenkäfig ohne Prisma (180° gedreht)
Erstes Beispiel für ein Porro II Fernglas ist das Huet Notorix 8x30, 8° 30, Mod, 1928, Typ 1931. Internetforen hatten die merkwürdig aussehenden Huet-Marinegläser aus den 30er Jahren hoch gelobt. Die Ferngläser sind offenbar bis in die 50er Jahre produziert worden und haben verkittete Porro II Prismen. Das Sehfeld variiert geringfügig zwischen 8° und 8,5°. Frühere Ausführungen haben einen von außen justierbaren Prismenkäfig mit relativ kleinem, sehr präzise gefertigt- und gefasstem 3 teiligen Prismen (ähnlich Leitz Porro II). Die späteren Ausführungen haben größere 2-teilige Prismen auf Unterseite der Gehäusedeckels, bzw. der Okulare. Die Ferngläser sind aufwendig gefertigt mit Erfle-Okulare (5 Linsen, 3 Gruppen) bei insgesamt 10-Luft-Glas Übergängen. Damit sind die Gläser heller als vergleichbare damalige Porro I - Ferngläser. Offenbar wurde auch ein etwas länger bauendes optisches Design gewählt. Besonderheiten sind, neben der ungewöhnlichen Bauform ausziehbare Sonnenblenden an den Objektiven und ein mit Federzugband am Fernglas fest montierter Okularschutzdeckel. Ein preiswert erworbenes, stark gebrauchtes Notorix hatte neben üblichen Verschmutzungen auch Prismenablösungen mit Glaskorrosion. Hinzu kamen netzartige 'Einwachsungen' in Verkittungen der Achromate. Problematisch war die Demontage u.a. wegen diverser Sicherungsschrauben (Aufschrift auf Fernglas: 'öffnen verboten'. Das Fernglas sollte ausschließlich von Fachpersonal gewartet werden und war entsprechend gesichert). Nach sorgfältiger Reinigung und Erneuerung der Verkittungen war ich auf das Ergebnis gespannt. Die Bildwirkung ist in Präzision, Einheitlichkeit und Tiefenwirkung ähnlich dem CZJ DF 7x40 (NVA), jedoch weitwinkliger und eindrucksvoller. Es scheint zu 'stimmen' was Verzeichnungsfreiheit, Randschärfe, etc. angeht. Fast nichts stört oder hindert den Bildeindruck. Im Rahmen reduzierter Bildhelligkeit unvergüteter Ferngläser ist das Bildfeld gleichmäßig ausgeleuchtet. Einzige Schwachstelle ist eine ausgeprägte Gegenlichtempfindlichkeit, gegen die auch die ausziehbaren Objektivblenden wenig helfen. Man steht diesem beeindruckenden 80 Jahre alten Fernglas - auch angesichts des äußeren Erscheinungsbildes - etwas sprachlos gegenüber.
Huet Notorix
Linke Seite: Gehäusedeckel u. Okular montiert
Rechte Seite: Gehäuse offen, Prismenstuhl montiert
Prisma Ross Bino Prism 7x50
4. Prisma montiert mit aufgekitteter Okular-Feldlinse
5. Porro II Prisma 2-teilig zerlegt, noch mit augekitteter Feldlinse
6. Leeres Prismengehäuse mit diversen Justiermöglichkeiten
Ein recht typisches und weiter verbreitetes Porro II Fernglas war das Ross, Bino Prism No. 5, 7x50 mm, Sehfeld ca. 126 m auf 1000 m, Gewicht ca. 1,2 kg. Das 1935 eingeführte Fernglas wurde von Britischen Landstreitkräften im 2. Weltkrieg eingesetzt. Es besitzt nicht nur verkittete Prismen sondern auch eine aufgekittete Okular-Feldlinse und besteht aus nur 3 Gruppen mit 6 Luft-Glas-Übergängen. Das Fernglas hat - soweit während des Krieges geeignetes Rohglas zur Verfügung stand - eine ordentliche optische Qualität. Das Bild ist für ein unvergütetes Fernglas erstaunlich hell. Über weite Teile entsteht ein scharfes, recht helles und farbneutrales Bild. Das abgebildete Glas, wahrscheinlich Mk I oder Mk II (gute Glasqualität) hatte ursprünglich eine durchgehend schwarze Beschichtung.
Ein in mehrfacher Hinsicht interessantes Fernglas ist das SRPI, Starlight 8x40 mit ca. 120m Sehfeld auf 1000m, Gewicht ca. 1,0 KG. Das Glas hat verkittete Prismen und 4 Gruppen mit 8 Luft-Glas-Übergängen. Das Glas stammt wahrscheinlich aus den 50er Jahren und ist vergütet. Es wurde erst nach der Porro II Blütezeit gebaut und konsequent auf kleines, präzises helles Sehfeld ausgelegt. SRPI hat laut Fernglasforen als Staatsbetrieb ausschließlich für Französisches Militär und Regierungseinrichtungen in exzellenter Qualität gefertigt. Wie bei französischen 8x30 Militärgläsern der 50er Jahre wurde die optische Auslegung unvergüteter Gläser beibehalten. D.h. zu dem sehr scharfen und fein zeichnendem Bild kommt eine recht helle Vergütung. Nach Reinigung und neuer Verkittung liegt die Lichttransmission trotz Schäden auf Prismen und Objektiven subjektiv um 80%. Das Fernglas wirkt in verwendeten Materialien, Aufbau und Form elegant und zeigt seine 'Wertigkeit'.
Bauelemente SRPI Starlight 8x40
7. Gehäuse-Einsicht von oben
8. Gehäuse-Ansicht von der Seite
9. Prismenstuhl mit Anschlägen = Unterseite Gehäusedeckel
10.Prismenstuhl / Gehäusedeckel mit Okularstutzen
11.Porro II Prisma 2-teilig unzerlegt
Schwachpunkt vieler Porro II Ferngläser waren sowohl Verkittung als auch mechanische Fassung und zuverlässige Fixierung der Prismen. Die Prismen-Verkittungen haben sich im Lauf der Zeit oft gelöst oder zeigen beginnende Ablösung, meist mit gelbem Rand. In Bereichen beginnender Ablösung gibt es oft Glasoxidation.Die Hersteller hatten recht unterschiedliche Ansätze für eine präzise Fixierung und Justierung der Prismen. Von Bedeutung ist sicher auch der Größenunterschied z.B. zwischen einem Huet 8x30 und einen Ross 7x50 Prisma. Beim Notorix hat mein den Eindruck, dass trotz kleiner Ungenauigkeiten oder Toleranzen bei Fassung und Verklebung der 3-teiligen Prismen ein Höchstmaß an Kontrolle und Präzision erreicht wurden. Beim Bino Prism, wo ein Glaszylinder mit Linse genau in Okularachse auf das 2-teilige Prisma aufzukleben war entsteht angesichts vieler und weiter Einstell- u. Verschiebemöglichkeiten mehr der Eindruck einer anspruchsvollen Bastelei, bei der die optische Präzision letztlich dem Geschick und der Geduld des einzelnen Monteurs überlassen blieb.